Die Haunebu IV "Wotansklinge", ein Koloss aus Stahl und Energie, schwebte wie ein dunkler Schatten über den Ruinen von Epsilon Eridani III. Der Planet, einst eine blühende Welt, war nun nichts weiter als eine leblose Hülle, übersät mit den Überresten einer längst vergessenen Zivilisation. Die Brücke des Schiffes war in ein gedämpftes, blaues Licht getaucht, unterbrochen nur von den blinkenden Kontrollen und dem leuchtenden Hologramm, das vor Wolfram Hagen von Drachau schwebte.
Wolfram saß mit verschränkten Armen auf dem Kommandosessel, seine Augen fixierten das Hologramm, das den Monolithen darstellte – ein uraltes, schwarzes Objekt, das aus dem Boden ragte wie ein Stachel in der Seite der Geschichte. Die Sensoren hatten es vor Stunden entdeckt, und seitdem versuchten die Kryptographen von Projekt Nordmark, die eingravierten Runen zu entziffern. Bisher ohne Erfolg.
„Drei Stunden“, murmelte Wolfram, seine Stimme trocken und sarkastisch. „Drei Stunden und die besten Köpfe dieses verdammten Imperiums kommen nicht weiter als ein betrunkener Student mit einem Sudoku-Heft.“
„Vielleicht sind die Zeichen nicht zum Lesen gedacht“, sagte Valeska Freyja von Drachau, die mit kühler Präzision neben ihm stand. Ihre Hände ruhten auf der Lehne seines Sessels, ihre Augen musterten das Hologramm mit der Intensität einer Raubkatze. „Vielleicht ist es ein Schlüssel. Oder eine Falle.“
Wolfram drehte den Kopf leicht und musterte sie. „Oder beides. Die besten Fallen sind die, die so tun, als wären sie der Schlüssel.“
Ein kurzer Alarmton durchbrach das gedämpfte Summen der Brücke. Wilhelm Stark, der Chefingenieur, trat nach vorne, eine halb aufgerauchte Zigarre zwischen den Zähnen. Sein Gesicht war von tiefen Falten durchzogen, die von Jahren unerbittlicher Arbeit und zu wenig Schlaf zeugten.
„Wir haben ein Problem, Herr Kommandant.“
„Natürlich haben wir das“, erwiderte Wolfram, ohne den Blick vom Hologramm zu wenden. „Wir befinden uns am Arsch der Galaxis und starren auf ein mysteriöses Artefakt. Erzähl mir was Neues.“
Stark ignorierte den Sarkasmus und aktivierte eine zweite Holographie. Ein dreidimensionales Diagramm des Monolithen erschien, umgeben von einer Reihe von Peilsignalen. „Wir haben einen Peilsender entdeckt. Irgendjemand hat das Ding bereits gefunden – oder wusste, dass wir es finden werden.“
Stille breitete sich auf der Brücke aus. Die Worte hingen in der Luft wie ein drohendes Gewitter.
Valeska lächelte schmal. „Dann haben wir Gesellschaft.“
Wolfram atmete tief durch. „Natürlich haben wir das. Schließlich wäre es zu viel verlangt, wenn wir einfach mal ungestört an die Tore Walhallas klopfen könnten.“
Das interne Kommunikationssystem piepte, und die Stimme von Gerhardt „Götz“ Eisenfaust drang durch. „Feindliche Signaturen gesichtet. Mindestens fünf Schiffe. Uns bleibt keine Zeit, den Monolithen zu studieren.“
Wolfram erhob sich langsam. Seine Hände ruhten locker auf dem Gürtel seiner Uniform, seine Bewegungen waren ruhig und berechnet. „Dann werden wir improvisieren. Götz, bereitmachen für einen koordinierten Angriff. Magnus, nimm deine Schwadron und schneid ihnen den Weg ab. Und Wilhelm – sorge dafür, dass dieses Ding nicht in die falschen Hände fällt.“
Er drehte sich zu Valeska um. Ihre Blicke trafen sich, eine unausgesprochene Übereinkunft. Sie lebten für diesen Moment – für den Tanz auf dem schmalen Grat zwischen Sieg und Zerstörung.
Draußen begannen die Haunebu-Kampfjäger sich zu formieren, ihre Silhouetten scharf gegen den dunklen Himmel des toten Planeten. Ein Sturm braute sich zusammen, ein Chaos aus Licht und Energie, das nur darauf wartete, loszubrechen.
Und Wolfram von Drachau ritt mitten hinein.