Ein schwerer Stoß erschütterte die Wotansklinge. Wolfram, der eben noch über die Schatten von Helheim nachdachte, hätte beinahe den Halt verloren. Scheinbar wurden sie nun doch angegriffen! Und zwar ganz ohne Schattenzauber. Wolfram war so ein Chaos auf dem Schlachtfeld nicht gewohnt und wurde abermals sarkastisch.
„Na, das ist ja mal eine nette Begrüßung“, murmelte er, während er sich an der Konsole festhielt. „Wer auch immer das ist, sie haben definitiv Stil.“
Der Sprung war abgebrochen worden. Der Alarm hallte durch die Gänge der Wotansklinge, während sich die Crew auf ihre Kampfstationen begab. Das Licht wechselte in das blutrote Spektrum des Gefechtsmodus, und der pulsierende Ton des Alarms schien den Druck in der Luft nur noch zu verstärken. Wolfram stand mittlerweile mit verschränkten Armen auf der Kommandobrücke, sein Blick unbeirrbar auf das Taktikdisplay gerichtet. Feindliche Signaturen tauchten auf.
„Drei kleinere Angriffsgruppen haben sich verteilt“, meldete Taktikoffizier Ragnar Falk. „Sie kommen von verschiedenen Vektoren, aber das hier...“ Er tippte auf eine wachsende Formation am äußeren Rand der Anzeige. „Das ist der eigentliche Stoß. Die anderen sind nur Ablenkung.“
Freya Eisenhauer trat neben ihn. „Klassische Taktik: Verwirren, Chaos stiften, dann mit voller Wucht zuschlagen. Sie unterschätzen uns.“
„Dann sorgen wir dafür, dass das so bleibt“, sagte Wolfram mit einem sarkastischen Lächeln. „Lassen wir sie glauben, ihr Ablenkungsmanöver funktioniert. Taktische Reserve bereithalten, aber nicht reagieren. Unser Schlag soll so präzise sein, dass sie gar nicht merken, was sie getroffen hat.“
Die Brücke summte vor Aktivität. Befehle wurden durchgegeben, Waffen geladen, Energieschilde auf maximale Leistung gebracht. Auf den äußeren Schirmen flammte das erste Gefecht auf. Kleine Jägerstaffeln rasten durch das Schwarze, kreuzten Laserbahnen mit den feindlichen Angreifern. Die Ablenkung war in vollem Gange.
Dann kam der wahre Angriff.
Ein Schlachtschiff mit massiver Feuerkraft trat aus dem Hyperraum, flankiert von einer Eskorte schwerer Zerstörer. Sie feuerten sofort – ein Hagel aus Energielanzen, Plasmageschossen und Torpedos raste auf die Linien der Nordmark-Flotte zu. Schilde flackerten unter der Belastung, mehrere Begleitschiffe wurden getroffen, doch die Formation hielt stand.
„Jetzt!“, befahl Wolfram.
Die Wotansklinge drehte sich abrupt aus ihrer Position und eröffnete das Feuer mit voller Breitseite. Ihre Salven trafen das feindliche Schlachtschiff in den Flanken, rissen meterlange Schneisen durch die Panzerung. Zeitgleich schwenkten die reservierten Abfangjäger ein und fielen über die Zerstörer her. Plötzlich war der Feind selbst in die Defensive gedrängt.
Freya gab präzise Kommandos an die Staffelführer durch. „Fokus auf die Triebwerke! Schneidet ihre Bewegungsmöglichkeiten ein.“
Die Schlacht tobte. Eine Explosion nach der anderen zerriss das All. Wrackteile schwebten lautlos durch die Schwärze. Das feindliche Schlachtschiff, einst eine wuchtige Bedrohung, taumelte schwer getroffen. Dann detonierte eines seiner Hauptreaktoren – ein gleißender Feuerball verschlang das Herz des Angriffs.
Die verbleibenden Feinde versuchten zu fliehen, doch nur einem Schiff gelang es nicht mehr. Manövrierunfähig und schwer beschädigt driftete es durch das Trümmerfeld. Ein Kampfschiff, erkennbar an den Emblemen einer feindlichen Eliteeinheit. Eine wertvolle Quelle für Informationen.
Wolfram fixierte das Schiff auf dem Bildschirm. „Erstürmungsteams vorbereiten. Wir nehmen sie gefangen.“
Die Wotansklinge richtete sich langsam auf das treibende Wrack aus. Die Erstürmungsteams, bestehend aus den besten Soldaten der Crew, bereiteten sich im Hangar vor. Leutnant Konrad Falk, der für seine kühlen Nerven und präzisen Einsätze bekannt war, überprüfte zum letzten Mal die Ausrüstung seiner Männer.
„Wir gehen in Vierer-Teams vor“, erklärte er. „Team Alpha sichert die Brücke, Team Beta durchsucht die Datenbanken, Team Gamma sichert die Triebwerke. Keine Risiken eingehen – wir wollen Überlebende, keine Helden.“
Wolfram beobachtete die Vorbereitungen von der Kommandobrücke aus. „Freya, ich brauche dich hier oben. Falk kann die Erstürmung leiten, aber ich will, dass du jeden Schritt überwachst.“
Freya nickte. „Verstanden. Ich werde sicherstellen, dass nichts schiefgeht.“
Die Teams betraten die feindliche Schleuse mit chirurgischer Präzision. Jeder Schritt war geplant, jede Bewegung koordiniert. Die Soldaten bewegten sich wie ein einziger Organismus, ihre Kommunikation ruhig und effizient.
„Brücke gesichert“, meldete Team Alpha. „Kein Widerstand. Die Besatzung scheint geflohen oder getötet worden zu sein.“
„Datenbanken durchsucht“, meldete Team Beta. „Wir haben Zugriff auf die Hauptcomputer. Die Übertragung beginnt jetzt.“
„Triebwerke gesichert“, meldete Team Gamma. „Keine Sprengsätze oder Fallen gefunden.“
Wolfram lächelte zufrieden. „Perfekt. Bringt die Daten zurück und sucht nach Überlebenden. Ich will wissen, wer sie sind und was sie hier wollten.“
Die Daten wurden schnell entschlüsselt. Die feindliche Eliteeinheit gehörte zu einer Fraktion, die seit Jahren im Schatten operierte. Ihre Motive waren unklar, aber ihre Technologie war beeindruckend – und ihre Verbindung zu den Schatten von Helheim war unverkennbar.
„Das ist mehr als nur ein Zufall“, sagte Freya, während sie die Daten überflog. „Sie wussten, dass wir hier sein würden. Sie haben uns gelockt.“
Wolfram nickte. „Dann haben wir noch mehr Fragen als Antworten. Aber das hier ist ein Anfang.“